Bericht Icon Xtri

Große Höhen, kalte Seen, wahres Leiden…

… oder wie kommt die Vereinsfahne auf das Stilfser Joch und warum

Triathlon ist ein wunderbarer Sport. Aber so wie alles Schöne, kann man es auch übertreiben. So ist diese Geschichte auch keine Helden- sondern eine Leidensgeschichte.

Da ich in den letzten Jahren lieber längere Läufe und Radtouren mit Freunden in Natur und Bergen unternommen habe, kam ich auf die Idee, dass in dieser Umgebung doch auch ein Triathlon eine ganz schöne Sache sein müsste. Mit einer etwas naiven Vorstellung meldete ich mich als zum „ICON“ Xtri am 5. September an und begann mich darauf vorzubereiten.

Am 2. September war es dann so weit, mit dem motivierten Supportteam Toralf und Volkmar mache ich mich auf den Weg ins idyllische Livigno in Italien an der Schweizer Grenze. Eine Stadt in einer bis 1970 kaum erschlossenen Berglage auf knapp 2000m Höhe umgeben von lauter 3000m hohen Bergen. Ein Umstand, der eigentlich eine Akklimatisierung nötig macht, wie mir erst vor Ort bewusst wurde. Jedenfalls ist die Luft dort dünn und sie sollte noch dünner werden. Was lag nun vor mir? Die Strecke von 3,8/197/42, hört sich klassisch an, ist aber durch 12 Grad „warmes“ Wasser, 5000 (Fünftausend!) Höhenmetern beim Radeln und einem Marathon mit Höhengewinn von 1800 m bis auf 2700m ein klein wenig anspruchsvoll, erst Recht für einen Norddeutschen. Und es kam noch härter….

Der Wettkampftag beginnt mit Aufstehen um 03.00 Uhr und dem ersten Schock, einem platten Hinterreifen. Toralf hat die Ruhe und übernimmt die Technik, dennoch ist die Aufregung gleich doppelt so groß, der Puls auf 180.
Der Start dann mit mystischer Begleitmusik um 05.00 Uhr bei stockfinsterer Dunkelheit. Riesige Feuerstellen beleuchten das Szenario und ca, 350 Starter waten in den Stausee. Mit 12 Grad trotz allem Neozubehör eher unangenehm temperiert. Nach guten 1h 10 min ist diese erste Disziplin geschafft, noch nicht ganz ausgekühlt, und Support Toralf hilft, den ersten Wechsel zu meistern. Dicke Klamotten helfen, die ersten 25 km auf dem Rad zu absolvieren.  Beim Extrem-Triathlon muss der Starter ein eigenes Supportteam im Auto dabeihaben. Der Radwettkampf findet im öffentlichen Straßenverkehr statt! Baustellen, Bahnübergänge, Stadtdurchfahrten, das alles ohne einen einzigen Polizisten. Volkmar konnte ganztägig zeigen, dass dabei auch Autofahren gelernt sein muss.

Bis zum Stilfser Joch, der „Höhepunkt“ der Strecke als zweithöchster Alpenpass, läuft es noch recht gut, zwischendurch haben die zwei Supporter mehrmals u.a. heiße Brühe, Brötchen, Spezialsuppe usw. gereicht. Energie tanken ist an diesem Tag extrem wichtig. Das Stilfser Joch mit seinen 48 Kehren und 1700 Höhenmetern fordert sowohl beim Autofahren einiges, aber natürlich auch den Startern alles ab. Und jetzt kommt die eingangs erwähnte Vereinsfahne ins Spiel. Während ich mich Kehre um Kehre auf den Berg wuchte, muss der Präsi natürlich das Vereins-Aushängeschild vor dem Schild „Stilfser Joch“ verewigen. Der Spruch: Es ist nie zu spät, werde Triathlet, findet bei den Zusehern rege Zustimmung. Ich nehme an für Zuschauer eine gelungene Abwechslung bis endlich, endlich der Pass erklommen ist.

Nun aber beginnt der extremste Teil des Tages. Mit Beginn der Abfahrt kommt ein Gewitter auf, dass es in sich hat. Es hagelt und gießt wie aus Eimern, dazu ein Temperatursturz auf 3 Grad. Mehr als 30 km/ h sind jetzt nicht mehr drin, die Scheibenbremse ist im Dauereinsatz. Nach 1400 Hm bergab fehlen zum Glück fehlen noch ca. 35 km und 1000 HM bis zum nächsten Wechsel und tatsächlich kann ich dabei wieder etwas Körperwärme beim Radfahren gewinnen.

T2, also der Wechsel vom Rad zum Marathon dann endlich in Treballe, einem Vorort von Livigno. Übrigens das höchstgelegene Dorf in Europa! Auch hier hilft Toralf mir, dem schon sichtlich erschöpften, in die Schuhe. Auf den ersten 10 km läuft es einigermaßen rund und ich kann einige Plätze Richtung von Platz 50 gut machen.
Wer bis 21.00 Uhr nicht seinen Supportläufer bei km 29 „eingesammelt“ hat, darf nicht auf den Gipfel laufen, sondern muss seine Runden in Livigno ablaufen. Das ist ein enormer Anspruch und eine neue Erfahrung gegen das Zeitlimit anzulaufen, äh anzutraben. Mit Laufen hat das schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr viel zu tun.

Um 20.34 Uhr erreiche ich T3, wo Toralf schon mit warmen Klamotten und Stirnlampe präpariert wartet und auf geht es Richtung Seilbahnstation Carosello 3000. Es fehlen noch gute 12 km und 900 Höhenmeter bis zum Ziel! Wanderstöcke und ein eiserner Wille bringen mich, also uns dann mehr gehend als laufend kurz vor die Finishline. Da hat sich der Veranstalter noch etwas extremes ausgedacht. Es muss eine Anhöhe, ca. 50 m, mit Hilfe eines Seiles erklommen werden. Mit den wirklich letzten Kräften gelingt auch das! Im Ziel dann die Stimme der Sprecherin: „Du bist ein ICON“ Zielband hochhalten und die Finishermedaille umhängen lassen. Es ist geschafft.

Wir müssen schnell in das Restaurant der Seilbahnstation, es sind ca. 0 Grad! Hier dämmert es mir dann so langsam, dass ich nach 18 Stunden wirklich angekommen bin und ein erstes Lächeln huscht mir über das Gesicht.

Fazit: Ein Extrem-Triathlon kann ein extremes Erlebnis sein. Dieser war super organisiert und ich habe einiges an Erfahrung mitgenommen. Toralf und Volkmar sei Dank, dass sie mich den ganzen Tag durch diese Herausforderung gebracht haben, aber sie behaupten zumindest es hätte ihnen etwas Spaß gemacht. Der Präsi ist stolz die Vereinsfahne der Triathlonwelt präsentiert zu haben und freut sich, wenn sein Beispiel Schule macht. Apropos nachmachen: Die Startplätze beim ICON Xtri sind begrenzt. Also rechtzeitig anmelden und dann ab ins Extreme…

Zurück